Achtung Lärm!

Grenzen des passiven Schallschutzes

In hochverlärmten Stadtgebieten werden immer öfter Baulücken geschlossen oder Liegenschaften einer Nutzungsänderung unterzogen, die unmittelbar an Bahntrassen oder Hauptverkehrsstraßen angrenzen. Für Büro- und Wohnräume, Pflege- und Krankenzimmer sowie Unterrichtsräume gelten bekanntlich Anforderungen an den Schallschutz der Außenbauteile. Nach den Bestimmungen der DIN 4109 hängt die erforderliche schalltechnische Qualität der Außenbauteile vom maßgeblichen Außenlärmpegel ab. Je höher der Außenlärmpegel, umso höher muss auch die Schalldämmung der Wand- und Dachflächen, der Fenster und der dezentralen Lüftungseinrichtungen ausfallen. Soweit klar.

Seit einigen Jahren aber spricht die einschlägige Rechtsprechung von einer Gesundheitsgefahr mit einer ‚enteignungsgleichen‘ Wirkung, wenn Wohngebäude Außenlärmpegeln von mehr als 70 dB(A) am Tage bzw. 60 dB(A) bei Nacht ausgesetzt sind. Mit seinem ‚Kooperationserlass Lärmaktionsplanung Baden-Württemberg‘ aus dem Jahr 2018 setzt das Ministerium für Umwelt und Verkehr noch einen drauf. Denn danach bestehen bereits oberhalb eines Beurteilungspegels von 65 dB(A) am Tag bzw. 55 dB(A) bei Nacht ‚gesundheitsbedenkliche‘ und ab 70 dB(A) / 60 dB(A) ‚gesundheitsgefährdende‘ Werte, die besondere Schallschutzmaßnahmen erfordern. So genügen Schallschutzfenster und schallgedämmte Lüftungseinrichtungen in diesen Fällen nicht mehr. Vielmehr sind sog. ‚durchgesteckte Wohnungsgrundrisse‘ erforderlich, die eine natürliche Belüftung von Schlafräumen über die lärmabgewandte Gebäudeseite zulassen oder Vorbauten vor öffenbaren Fenstern, die eine entsprechende Pegelminderung herbeiführen, so dass die o.g. Schwellenwerte nicht mehr überschritten werden, z.B. verglaste Loggien, Prallscheiben oder Doppelfassaden.

Diese Maßnahmen greifen meist empfindlich in die Architektur ein und die Baukosten werden in die Höhe getrieben. Das sollte bereits im Vorfeld einer Neubauplanung in verlärmten Situationen bedacht werden. Zudem stellt sich auch die Frage, ob eine Nachverdichtung in solchen Fällen tatsächlich sinnvoll ist und unter welchen Voraussetzungen lebenswerter Wohnraum entstehen kann. 

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