A 81: Erweiterung AS Sindelfingen-Ost – AS Böblingen-Hulb

Projektbericht zum Lärmschutz A 81

Der aktuell laufende Ausbau der A81 bei Böblingen und Sindelfingen stellt beson­dere Anforderungen an den Lärmschutz. rw bauphysik übernimmt hier die Rolle des Lärmschutzbeauftragten und moderiert in einem interessanten Spannungsfeld.

Im Auftrag des Bundes und der Autobahn GmbH plant und koordiniert die DEGES die sechsstreifige Erweiterung der Autobahn A 81 zwischen den Anschlussstellen Sindelfingen-Ost und Böblingen-Hulb. Hier soll die Fahrbahn auf durchgehend drei Fahrstreifen pro Richtung mit einem breiten Seitenstreifen erweitert werden. Zusätzlich entstehen eine Überdeckelung der A 81 auf 850 Metern Länge im Bereich Böblingen/Sindelfingen und angrenzend insgesamt ca. 3,4 Kilometer Lärmschutzwände. Für die sechsstreifige Erweiterung werden alle Über- und Unterführungsbauwerke abgebrochen und neu gebaut.

Da die A81 durch die Städte Böblingen und Sindelfingen führt und Ein- und Mehr­familienhäuser ebenso wie Büro- und Hotelgebäude unmittelbar an die Autobahn grenzen, ist gem. Planfeststellungsbeschluss dem Lärmschutz besondere Bedeu­tung beizumessen. Die Baumaßnahme soll die Betroffenheit hinsichtlich des Verkehrslärms verringern, bis dahin treten jedoch teilweise unvermeidbare erhöhte Immissionen auf. rw bauphysik wurde mit der lärmschutztechnischen Beratung und Baubegleitung beauftragt. Zu diesem Zeitpunkt lag bereits eine Gesamt-Baulärmprognose für Teilbereiche der Baustrecke vor.

Der Leistungsumfang beinhaltete zunächst die Erstellung eines detaillierten Lärmschutzkonzeptes, das die regelmäßige und einzelfallbezogene Information und die Kommunikation mit den betroffenen Anwohnenden und der zuständigen Immissionsschutzbehörde umfasst. Hierzu gehört auch ein anlassbezogenes Beschwerdemanagement für den Auftraggeber. Zudem ein Messkonzept für Kurz- und Langzeitmessungen, das insbesondere die Ausgangssituation und die unter­schiedlichen Stadien der Bauphasen (z.B. alte/neue/keine Lärmschutzwand) be­wertet und einzelne lärmintensive Maßnahmen wie die Bohrpfahlsetzungen be­gleitet. Die sich bereits aus der Lärmprognose ergebenden oder tatsächlich auf­tretenden Immissionsrichtwertüberschreitungen wurden von rw bauphysik mit ei­nem Maßnahmenkonzept für die betroffenen Liegenschaften begleitet.

Treten Beschwerden hinsichtlich der Lärmimmissionen auf, überprüft rw bauphysik diese anhand der Prognoseberechnungen auf Stichhaltigkeit. Falls sich ein Anhalts­punkt für kritische Lärmimmissionen ergibt, werden die tatsächlich auftretenden Lärmbelastungen durch baubegleitende Messungen zur Beweissicherung fest­gehalten. Im Falle von Überschreitungen definiert rw bauphysik in Abstimmung mit dem Auftraggeber, der Aufsichtsbehörde und der ausführenden Firma geeignete Lärmmin­derungs­maßnahmen.

Entscheidend für die korrekte Bewertung der baubedingten Lärmsituation war die Messung der Vorverlärmung durch den Verkehr auf der BAB 81. Diese Grund­belastung wirkt sich später bei Baustellenbetrieb auf die Messwerte aus, die immer nur den Gesamtlärm erfassen. Um festzustellen, welche Immissionsbeiträge tat­säch­lich auf den Baustellenbetrieb zurückzuführen sind, haben wir die Grundbelas­tung vor Beginn der Bauarbeiten an repräsentativen Immissionsorten gemessen und bei der späteren schalltechnischen Beurteilung des Baustellenlärms in Abzug gebracht. Das betrifft zum Beispiel den Rück- und späteren Neubau der bestehen­den Lärmschutzwände im Bereich des Tunnelbaus.

Ein Schwerpunkt unserer gutachterlichen Tätigkeit lag bisher in der Aufgabe, die Prognoseergebnisse anhand von Messungen mit der Realität zu vergleichen. So wurde die Qualität der temporären Lärmschutzwand mit den auf Modellen beruhenden Prognosen abgeglichen. Mehrfach wurden Drehbohrgeräte bei der Arbeit gemessen, die Ergebnisse in spätere Einsatzfelder übertragen und die Not­wendigkeit von weiteren Schutzmaßnahmen verlässlicher als auf Grundlage von Prognosen analysiert. Ein Beispiel: Wenn Drehbohrgeräte auf das maschinelle Ab­rütteln des Bohrmaterials zugunsten eines manuellen Vorgehens verzichten, ist die Lärmbelastung u.U. niedriger, die Dauer der Arbeiten und damit der Emissionen aber länger. Der sinnvollste Weg im Sinne einer möglichst geringen Gesamt­belas­tung der Anwohner kann nur durch Messungen und darauf aufbauende Berech­nun­gen ermittelt werden. Ein anderes Beispiel: Im Laufe der Arbeiten wurde der Standort einer Brecheranlage verschoben, was eine Überprüfung der prog­nosti­zierten Immissionen und Konflikte erforderlich machte. 

Das Projekt bewegt sich in einem interessanten, nicht trivialen Spannungsfeld zwischen den öffentlichen Interessen, unvermeidbaren Belastun­gen aus einem infrastrukturell notwendigen Großprojekt und den wirtschaftlichen Zwängen privatwirtschaftlicher Auftragnehmer. Die Aufgabe als lärmschutzbeauf­tragte Stelle ist hier nur mit größtmöglicher Unabhängigkeit sachgerecht zu erfüllen.

Bildnachweis Titelbild: Giftzwerg 88 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=108020815.jpg