Ein neu entwickelter Hochleistungsbeton reflektiert fast die gesamte Sonneneinstrahlung und senkt damit spürbar die Oberflächentemperaturen. Für Architekten und Ingenieure eröffnet das neue Potenziale für nachhaltige Gebäudekonzepte im urbanen Raum.
Die steigenden Temperaturen in urbanen Räumen stellen Planer und Bauverantwortliche zunehmend vor Herausforderungen. Besonders massive Baustoffe wie Beton tragen durch ihre hohe Wärmespeicherkapazität zur Aufheizung von Gebäuden und Städten bei. Eine neue Entwicklung aus der Materialforschung könnte hier Abhilfe schaffen: ein neuartiger Beton mit stark reflektierenden Eigenschaften, der ohne aktive Kühlung zur Temperatursenkung beitragen kann.
Der entscheidende Mechanismus liegt in der Mikrostruktur des Materials: Während des Aushärtungsprozesses entstehen in der Oberfläche winzige Ettringit-Kristalle. Durch ein spezielles Fertigungsverfahren mit Vakuumtechnik und Oberflächenmodifikation wird eine hochreflektierende Struktur erzeugt, die bis zu 96 % der Sonnenstrahlung zurückwirft. Dies führt zu einer signifikanten Temperaturreduktion – im Feldversuch blieb die Oberfläche bei 38 °C Außentemperatur sogar unter der Umgebungsluft, während konventioneller Beton sich auf über 55 °C aufheizte.
Besonders bemerkenswert: Ein Teil der reflektierten Wärmestrahlung wird über bestimmte Wellenlängenbereiche direkt in den Weltraum abgegeben – ein Effekt, der gezielt über die Materialzusammensetzung steuerbar ist. Dadurch wird nicht nur die thermische Belastung reduziert, sondern auch ein Beitrag zur globalen CO₂-Reduktion geleistet: Die Herstellung des Materials verursacht etwa ein Viertel weniger Emissionen als herkömmlicher Zement, zudem kann über den Lebenszyklus hinweg mehr CO₂ eingespart als ausgestoßen werden.
Die Anwendungsfelder sind vielfältig: Vom Neubau über die Sanierung bestehender Dächer und Fassaden bis hin zum Straßenbau – überall dort, wo direkte Sonneneinstrahlung auf große Flächen trifft, entfaltet der Kühlbeton sein volles Potenzial. Farbvarianten mit nahezu gleichbleibender Reflexionsleistung erweitern die gestalterischen Möglichkeiten.
Aktuell läuft die Skalierung durch Industriepartner, erste Pilotprojekte in Südeuropa sind in Vorbereitung. Für gemäßigte Klimazonen wie Mitteleuropa wird an saisonal adaptierbaren Lösungen gearbeitet, etwa durch Kombination mit Dämmsystemen.
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